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Ávila

die Stadt Spaniens, die dem Himmel am nächsten steht.

DER GEKRÖNTE HORIZONT


Geometrisch und harmonisch; die Mauer, die die Stadt Ávila umgrenzt, entfaltet ihren einzigartigen Schattenriss, das Bild einer gut behüteten Welt, ungetrübt und anregend, was sich auch in den Monumenten der Stadt widerspiegelt. Eine Stadt wie ein Meisterwerk, die im Jahr 1985 mit dem titel des Weltkulturerbes ausgezeichnet wurde.

Wenn die Nacht einbricht, überfluten die Scheinwerfer nach und nach, im Umkreis von zweieinhalb Kilometern, die Mauern von der Altstadt mit Glut. Das ist nur gerecht, denn so muss das Licht der Zeitlosigkeit sein, zeitlos wie diese Mauern und ihre Zinnen und Türme von hartem und unvergänglichem Granit errichtet, die seit dem XII. Jahrhundert fest auf ihren Platz ausharren und wie ein Schutzschild gegen den Verlauf der Zeit sind. Das Leben der Menschen ist vergänglich aber die Werke verbleiben, mit so viel Beharrlichkeit wie diese Mauern und deshalb hat die Existenz einen Sinn.

Diese Gedanken überfallen wohl den Besucher nach der Betrachtung von den 88 Türmen, 2.500 Zinnen und den neun Toren, die sich im selben Zustand befinden, in dem sie erbaut wurden, oder vielleicht sogar noch besser. Weder die Christen noch die Mudejaren, Juden und Muslimen hätten sich vorstellen können, dass sie nachts noch besser zu sehen sind als bei Tageslicht. So beeindruckend im Scheinwerferlicht wie noch nie.

Noch bevor die Beleuchtung das glühende Wunder des Erweckens der Geschichte vollführte, bot der Himmel bei Einbruch der Dämmerung ein Schauspiel dar, bei dem die mit Zacken gekrönten Bergspitzen, manche mit Schnee bedeckt, weit hinten am Horizont eine unfassbar schöne Ansicht von den vier Pfeilern und von der römischen Brücke des Flusses Adaja aus projektierten, so prächtig, wie sie beim ersten Tageslicht erschien, strahlend und verschwommen im nebligen Morgengrauen. Nur jetzt am Abend nach beendigter Besichtigung, nachdem man diese Welt näher kennen gelernt hatte, stellte sich ein Gefühl von Zufriedenheit ein, weil man beim ersten Besuch von den Mauern stark beeindruckt war, aber natürlich wollte man auch wissen, was diese jahrhundertalten Mauern verborgen hielten.

Dieser Inhalt wurde schon beim einmaligen Spaziergang auf der Mauer erwähnt, von dort aus hat man Aussicht auf das Gebirge und das Tal von Amblés und man kann das Labyrinth von Straßen, Dächern, Türmen und spitzen Glockentürmen in dem befestigten Gelände auskundschaften. Dann hat man Gelegenheit zum Tor der Festung und zum Platz der Heiligen Therese herunterzusteigen, der auch Mercado Grande genannt wird, denn seit undenklichen Zeiten war dies der Platz für den Stadtmarkt und für die Feierlichkeiten und so ist es auch heute noch. Für die Fußgänger ist es ein beliebter Ort zum Spazierengehen, voll von Bars und Restaurants.

Jederzeit hat man ein Gefühl von Überfluss an architektonischem Reichtum, der von der jahrhundertalten Geschichte und dem heutigen Rhythmus ausgeht und trotzdem ergreift dem Besucher eine verhaltene Gelassenheit und Ruhe. Friedlich und gelassen war auch die Besichtigung vom Platz selbst mit der St. Peter-Kirche von echter romanischer Handwerkerkunst, ein hervorragendes Kennzeichen, innen und außerhalb der Mauern, von diesem architektonischen Baustil. Symmetrien aus längst vergangenen Zeiten, die noch in der Basilika vom Heiligen Vinzenz, den Kirchen von den Heiligen Andreas und Segundus und der Kapelle vom Heiligen Stephan erhalten sind.

Ávila hoch gelegen, verborgen und zurückgezogen. Was für ein fantastischer Ort für die Architektur des Glaubens! Geschützt von den Mauern wurden die religiösen Gebäude nach und nach errichtet, aber niemand hätte gesagt: „Zu viele Kirchen“, denn jede einzelne von ihnen besaß ihre eigene Note, angepasst an die beschauliche Harmonie der Stadt. Über den alten Bergweg und durch belebte Straßen, kommt man bis zur Nuestra Señora de las Vacas (die Hl. Mutter der Kühe) und danach zum Kloster vom Heiligen Thomas, wo die Katholischen Könige ihren einzigen Sohn Don Juan beerdigen ließen. Über einen wunderschönen Kreuzgang mit direkter Verbindung gelangt man zum Königspalast.

Heute befindet sich an dieser Stelle ein erstaunliches Museum von orientalischer Kunst und Naturwissenschaften, wo Kunstwerke aus China, den Philippinen und Japan ausgestellt werden. Augenblicke und Erlebnisse, unsichtbare Glieder vom Rosenkranz, die in den Klöstern, Zönobien und Herrenhäuser stattfanden, wie z.B. in den Kirchen von der Magdalene, dem Hl. Franziskus und Hl. Santiago; in den Häusern vom Markgrafen von Navas, den Akademikern Pacheco und Maldonado, in den Palästen von Velada als auch von Los Serranos und von Valderrábanos, den Klöstern von der Inkarnation, dem Hl. Antonius und Nuestra Señora de Gracia (Muttergottes der Barmherzigkeit).

Der Inhalt von der Welt hinter den Mauern ist auch in ihnen eingeschlossen, denn die Fassaden der Gebäude vermitteln die Lebensarten und Berufungen ihrer Bewohner. Weitere Glieder von der Geschichtskette befinden sich an der Puerta del Rastro, (Tür des Flohmarkts), die von zwei viereckigen Türmen eingegrenzt ist, der Balkon von Doña Guiomar erinnert an die Liebesleiden dieser Dame, während das Leben heute auf dem Paseo del Rastro dahinfließt zwischen den Fassaden aus dem XIX. Jhd. und Emotionen, die sich viel besser ertragen lassen. Auf dem Paseo del Rastro gibt es keine Fassaden.

Hier kommen Gefühle der Bewunderung auf, wenn man vor dem einzigartigen Bau, der zugleich eine Kirche, Festung und Kathedrale ist, steht. Der gotische Baustil aus Granit verwandelt dieses Kunstwerk in den stärksten Festungsturm der Mauer. Vor dem Altar der Könige und dem Retabel von Pedro Berruguete beteten die adligen Familien bestimmt um das Wohlwollen des Herrn, wie die Familie Águila, deren Häuser von der Straße López Núñez ihre Abstammung verraten, nachdem sie um ihren Besitz gekämpft haben, denn nicht einmal das spirituelle Avila konnte sich von den Kämpfen zwischen feindlich gesinnten Adligen befreien.

Aus diesem Grund sehen einige der prunkhaften Herrenhäuser, mit denen ihre Besitzer in die Geschichte eingehen wollten, wie Festungen aus. Bürokratische und andersartige Angelegenheiten haben in gewissen Fällen das Leben dieser bedeutenden Bauten verlängert. Im Palast von der Familien Verdugo ist das Gemeindevertreteramt für Güter und der Sitz von der Gruppe der Städte, die zum Weltkulturerbe von Spanien ernannt wurden, untergebracht. Das Haus der Fleischereien (Casa de las Carnicerías), das sich an die Mauer anlehnt, ist seit Kurzem das Touristenbüro mit Zugang zur Mauer. Das Haus von den Guzmanes, mit dem gewaltigen Turm, ist der Sitz von der Deputation, das Haus von Blasco Núñez Vela, der erste Vizekönig aus Peru, beherbergt das Landgericht.

Es ist sehr ornamental und der Palast von den Polentinos im plateresken Baustil ist der Sitz des Militärarchivs. Das Leben geht weiter, aber die Zeiten und Tendenzen ändern sich doch kann es vorkommen, dass so manches in einem Jahrhundert stecken bleibt. Von den Juden, die im XV. Jhd. Spanien verlassen mussten, ist in Ávila, in den übrig gebliebenen Gerbereien vom Hl. Segundus, das Andenken an die Lederindustrie verblieben.

Das alte Judenviertel dehnte sich hinter dem Tor von Malaventura aus und noch heute besteht die Fassade von der damaligen Synagoge, mit ihren Arkaden aus Ziegelsteinen, ein Stadtteil, in dem die Zeit scheinbar stehen geblieben ist. Es könnte sein, dass die Erinnerung an das Talent der Hebräer für den Handel die Straße der Katholischen Könige zum belebtesten Geschäftsviertel der Stadt machte, wo noch heute mehrere ihrer Wohnungen dokumentiert sind. Und natürlich bemerkt man auch ihre frühere Tätigkeit auf dem Platz vom Chinesischen Markt, der damalige und heutige Stadtkern.

Beamten und Führungskräfte aus dem Rathaus, Feierlichkeiten und Traditionen unter den Bogengängen, das tägliche Leben auf der Straße, all dies und noch viel mehr spielt sich hinter den Mauern ab, die jetzt in der Nacht hell aufleuchten, obwohl man schon mehr über sie weiß, bleiben in ihnen noch viele Geheimnisse verborgen. Die Scheinwerfer durchdringen die Dunkelheit der Nacht und erleuchten das Tor Puerta del Carmen sowie den spitzen hevorstechenden Glockenturm des alten Klosters mit demselben Namen, wo heute das Geschichtsarchiv der Provinz untergebracht ist. Dies ist nur ein Teil, von dem was die Festung verbirgt. Reine Essenz.